Lesung
41. Literarischer Herbst 2023 - Katja Petrowskaja - Das Foto schaute mich an
Veranstaltungsdetails
Seit etlichen Jahren betrachtet und kommentiert Katja Petrowskaja Fotos. Leser der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung können sich in einer regelmäßigen Kolumne mit den Reflexionen der Schriftstellerin auseinandersetzen. Mehr als fünfzig Fotografien und die Texte dazu aus den Jahren 2015 bis 2021 wurden für dieses Buch zusammengetragen.
So verschieden die Bilder auch sein mögen, sie alle haben die Gabe, den Blick, der auf sie fällt, festzuhalten. Manche fesseln sofort, so Aufsehen erregend und spektakulär sind sie: Ein Mann mit versteinertem Gesicht, eine Aktentasche mit festem Griff vor sich haltend, steht im Vordergrund eines von Flammen erleuchteten Zimmers. Hinter ihm brennen Türen. Da kann man nicht wegschauen, sondern möchte mehr wissen. Im Text erfährt man von dem Russen Petr Pavlensky und einer seiner radikalen Kunstaktionen, mit denen er den Staat immer wieder herausfordert. Die brennende Tür führt in die Lubjanka, den berüchtigten russischen Geheimdienst.
Andere Fotos scheinen ein Geheimnis zu bergen: Die weiße Silhouette eines sehr schlanken Frauenkörpers; eine Seitenansicht mit locker nach hinten gestrecktem Arm vor schwarzem Hintergrund. Der Kopf der Frauenfigur ist nicht im Bild; vor ihr schwebt ein Schwan in Schwimmstellung ohne Füße, dessen Kopf sie zaghaft berührt. Sehr persönlich ist der Weg der Annäherung, auf den Katja Petrowskaja den Betrachter/Leser bringt. Sie erzählt von einer Begegnung mit dem Foto, beim ersten Mal nur flüchtig, aber doch so eindrucksvoll, dass sich ihr beim Wiedersehen in einer Ausstellung, ganz woanders, die besondere Atmosphäre tief einprägte. Dann beschreibt sie, wie subtil und künstlerisch überzeugend die Verbindung von Frau und Schwan dargestellt wird und vergisst dabei nicht, ihren eigenen Impuls zu erwähnen: einen Körper zu berühren, und sei es ihren eigenen. Unweigerlich gelangt sie schließlich zum allbekannten Mythos von Leda und dem Schwan, einem häufigen Motiv in der Kunst. Indem sie erklärt, wie unzweifelhaft die männliche Dominanz vermutet und akzeptiert wird, deutet sie an, es sei immer der Mächtigere, der die Richtung der Interpretation vorgibt und sieht in dem Bild eine Sehnsucht nach Parität zwischen den Geschlechtern oder auch nur die Traurigkeit über das Unmögliche dieses Wunsches.
So finden wir in Petrowskajas Kommentaren nicht, wie sonst so oft, nur die Beschreibung dessen, was ins Auge sticht, sondern geraten hinein in einen Kosmos an eigenen Assoziationen und allgemein gültigen Bedeutungen, ohne dass uns eine bestimmte Sichtweise aufgedrängt wird.
Das letzte Bild des Buches ist eine von der Autorin selbst gemachte Aufnahme. Ein weißes Pferd mit großen schwarzen Augen schaut heraus aus grün wuchernden südlich anmutenden Pflanzen. Noch einmal spannt Katja Petrowskaja den Bogen von einer konkreten Situation weit über Filme, Kunst und Literatur, Kindheitserinnerungen bis zur Symbolkraft von Bildern, die uns ein Leben lang begleiten.
Katja Petrowskaja, 1970 in Kiew geboren, lebt seit 1999 in Berlin. Sie studierte Literaturwissenschaft und ist als Journalistin für deutsch – und russischsprachige Medien tätig. Ihr literarisches Debüt „Vielleicht Esther” wurde vielfach ausgezeichnet. Sie lebt in Tbilissi und Berlin.
Mitveranstalter: Bücher Pustet
Kartenvorverkauf: Bücher Pustet
So verschieden die Bilder auch sein mögen, sie alle haben die Gabe, den Blick, der auf sie fällt, festzuhalten. Manche fesseln sofort, so Aufsehen erregend und spektakulär sind sie: Ein Mann mit versteinertem Gesicht, eine Aktentasche mit festem Griff vor sich haltend, steht im Vordergrund eines von Flammen erleuchteten Zimmers. Hinter ihm brennen Türen. Da kann man nicht wegschauen, sondern möchte mehr wissen. Im Text erfährt man von dem Russen Petr Pavlensky und einer seiner radikalen Kunstaktionen, mit denen er den Staat immer wieder herausfordert. Die brennende Tür führt in die Lubjanka, den berüchtigten russischen Geheimdienst.
Andere Fotos scheinen ein Geheimnis zu bergen: Die weiße Silhouette eines sehr schlanken Frauenkörpers; eine Seitenansicht mit locker nach hinten gestrecktem Arm vor schwarzem Hintergrund. Der Kopf der Frauenfigur ist nicht im Bild; vor ihr schwebt ein Schwan in Schwimmstellung ohne Füße, dessen Kopf sie zaghaft berührt. Sehr persönlich ist der Weg der Annäherung, auf den Katja Petrowskaja den Betrachter/Leser bringt. Sie erzählt von einer Begegnung mit dem Foto, beim ersten Mal nur flüchtig, aber doch so eindrucksvoll, dass sich ihr beim Wiedersehen in einer Ausstellung, ganz woanders, die besondere Atmosphäre tief einprägte. Dann beschreibt sie, wie subtil und künstlerisch überzeugend die Verbindung von Frau und Schwan dargestellt wird und vergisst dabei nicht, ihren eigenen Impuls zu erwähnen: einen Körper zu berühren, und sei es ihren eigenen. Unweigerlich gelangt sie schließlich zum allbekannten Mythos von Leda und dem Schwan, einem häufigen Motiv in der Kunst. Indem sie erklärt, wie unzweifelhaft die männliche Dominanz vermutet und akzeptiert wird, deutet sie an, es sei immer der Mächtigere, der die Richtung der Interpretation vorgibt und sieht in dem Bild eine Sehnsucht nach Parität zwischen den Geschlechtern oder auch nur die Traurigkeit über das Unmögliche dieses Wunsches.
So finden wir in Petrowskajas Kommentaren nicht, wie sonst so oft, nur die Beschreibung dessen, was ins Auge sticht, sondern geraten hinein in einen Kosmos an eigenen Assoziationen und allgemein gültigen Bedeutungen, ohne dass uns eine bestimmte Sichtweise aufgedrängt wird.
Das letzte Bild des Buches ist eine von der Autorin selbst gemachte Aufnahme. Ein weißes Pferd mit großen schwarzen Augen schaut heraus aus grün wuchernden südlich anmutenden Pflanzen. Noch einmal spannt Katja Petrowskaja den Bogen von einer konkreten Situation weit über Filme, Kunst und Literatur, Kindheitserinnerungen bis zur Symbolkraft von Bildern, die uns ein Leben lang begleiten.
Katja Petrowskaja, 1970 in Kiew geboren, lebt seit 1999 in Berlin. Sie studierte Literaturwissenschaft und ist als Journalistin für deutsch – und russischsprachige Medien tätig. Ihr literarisches Debüt „Vielleicht Esther” wurde vielfach ausgezeichnet. Sie lebt in Tbilissi und Berlin.
Mitveranstalter: Bücher Pustet
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